Rückschlag für existenzsichernde Löhne in Zürich und Winterthur


Wir wehren uns! – Kundgebung am 06.12 – 18:00 Uhr bei der Kaserne (gegenüber Verwaltungsgericht) Freischützgasse 1


Pressemitteilung des Feministischen Streikkollektiv Zürich

Das Feministische Streikkollektiv Zürich verurteilt den Entscheid des Verwaltungsgerichts, die demokratisch legitimierten Mindestlohnregelungen in Zürich und Winterthur zu kippen aufs Schärfste. Dieser Entscheid ist ein derber Rückschlag im Kampf gegen Erwerbsarmut und trifft besonders Frauen, inter, non-binäre, trans und agender Personen (kurz: FLINTA), die überproportional häufig im Tieflohnsektor angstellt sind.

Im Juni 2023 hatten sich die Stimmberechtigten in Zürich mit 69,4% und in Winterthur mit 65,5% klar für die Einführung eines gemeindlich geregelten Mindestlohns ausgesprochen. Diese deutlichen Volksentscheide werden nun durch einen technokratischen Gerichtsentscheid ausgehebelt – auf Betreiben der Gewerbeverbände, die wieder einmal die Profite wichtiger finden als menschenwürdige Löhne.

Der vorgesehene Mindestlohn von 23.90 Franken pro Stunde in Zürich bzw. 23 Franken in Winterthur hätte rund 17’000 Arbeitnehmenden, insbesondere in feminisierten Branchen wie der Reinigung, Pflege und dem Detailhandel, eine substanzielle Verbesserung ihrer prekären wirtschaftlichen Situation gebracht. Die Berechnung dieser Ansätze basierte auf den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV und orientierte sich damit an den realen existentiellen Lebenshaltungskosten in den Städten – ein Ansatz, den das Bundesgericht 2017 im Fall des Neuenburger Mindestlohns explizit bereits auch als zulässig erachtet hat.

Das Verwaltungsgericht argumentiert nun auf Geheiss der Beschwerde der Gewerbeverbänden, den Gemeinden fehle gemäss kantonalem Recht der Spielraum, um zur Vermeidung von Armut in privatrechtliche Arbeitsverhältnisse einzugreifen. Diese Argumentation verkennt, dass gemäss Artikel 111 der Kantonsverfassung Kanton und Gemeinden gemeinsam zuständig sind, soziale Not und Armut zu bekämpfen. Bezeichnenderweise war sich das Gericht in dieser Frage nicht einig – eine Minderheit sah sehr wohl einen rechtlichen Spielraum für kommunale Mindestlöhne.

Der Entscheid widerspricht auch der bisherigen Rechtsprechung, welche kantonale und kommunale Mindestlöhne als wichtigen Schritt für mehr soziale Gerechtigkeit anerkannt hat. Bereits fünf Kantone – Neuenburg, Jura, Genf, Basel-Stadt und Tessin – haben diesen wichtigen Schritt zum Schutz ihrer Arbeitnehmer*innen gewagt. Gerade in Städten, wo die Menschen mit besonders hohen Lebenshaltungskosten kämpfen, ist es besorgniserregend, dass nun ausgerechnet dort keine gezielten Massnahmen gegen Erwerbsarmut ergriffen werden dürfen.

Die Argumentation der Gewerbeverbände, ein städtischer Mindestlohn führe zu „Bürokratie“ und einem „Flickenteppich“, ist vorgeschoben. In Wahrheit geht es darum, ein Geschäftsmodell zu verteidigen, das auf der systematischen Unterbezahlung vor allem der ohnehin schon prekarisierten Arbeitskraft basiert. Dass die Verbände dafür einen klaren demokratischen Entscheid zu Fall bringen, zeigt ihre wahre Haltung gegenüber der direkten Demokratie!

Wir fordern daher:

  • Die Städte Zürich und Winterthur müssen den Entscheid zwingend ans Bundesgericht weiterziehen
  • Der Kanton Zürich muss, wie bereits fünf andere Kantone, endlich eine kantonale Mindestlohnregelung einführen
  • Die Arbeitgebenden sind aufgerufen, trotz des Gerichtsentscheids faire und existenzsichernde Löhne zu zahlen
  • Der Bundesrat muss die rechtlichen Rahmenbedingungen für kommunale und kantonale Mindestlöhne klären

Die Realität zeigt: Tieflöhne sind ein Geschlechterproblem. Zwei Drittel aller Tieflohnbeziehenden sind FLINTA*-Personen. Wer Lohngleichheit will, muss auch Mindestlöhne wollen. Das Feministische Streikkollektiv Zürich wird sich daher weiterhin mit allen Mitteln für existenzsichernde Löhne und gegen Lohndiskriminierung einsetzen!

1080 1080 Frauen*streik / feministischer Streik
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