Wieso organisiert das Feministische Streikkollektiv Zürich eine Veranstaltungsreihe zum Thema “Arbeitskämpfe in der Schweiz”?
Bisherige Demonstrationen am 14. Juni haben uns die Möglichkeit gegeben, unsere Wut und Forderungen auf die Strasse zu bringen. Doch Ungerechtigkeiten in der Arbeit, zuhause und in der Politik bestehen weiterhin. Deshalb brauchen wir ein mächtigeres Mittel, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken: Wir wollen Arbeitskämpfe führen! Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren die Grundlage für einen grossen, landesweiten Streik zu schaffen, an dem FLINTAQ*-Personen (Frauen, Lesben, inter*, non-binäre, trans*, agender und genderqueere Personen) für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und wenn nötig ihre Arbeit niederlegen. Dafür müssen wir von den Erfahrungen vergangener Arbeitskämpfe lernen. Dabei betrachten wir nicht nur die Lohnarbeit, sondern auch die unbezahlte Arbeit, wie die Hausarbeit, Kinderbetreuung und Familienarbeit und das Streiken gegen patriarchale Strukturen insgesamt.
Für die erste Veranstaltung haben wir zwei Gästinnen eingeladen: Friederike, eine langjährige Pflegefachperson, welche beim VPOD Waadt als Präsidentin der Gesamtkommission Gesundheit organisiert ist, und Nicole, Oberärztin in einem Spital im Kanton Zürich, welche dort für bessere Arbeitsbedingungen von Ärzt*innen kämpft. Die Veranstaltung wurde von zwei Personen, welche beim Netzwerk “Gesundheit vor Profit” (Website gesundheitvorprofit.ch) aktiv sind, moderiert. Das Netzwerk besteht aus einem Zusammenschluss von Gesundheitsfachpersonen verschiedener Berufsgruppen, welche sich gemeinsam für ein menschenwürdiges Gesundheitssystem einsetzen. Dabei steht das Wohl der Patient*Innen und Angestellten im Vordergrund, nicht die Gewinnmaximierung.

Der Arbeitskampf von Ärzt*innen im Gesundheitswesen
Schon lange ist bekannt, dass Ärzt*innen unter enormem Druck stehen. Lange Arbeitszeiten, unzureichende Mitbestimmung und ein System, das den Profit über das Wohl der Angestellten und Patient*innen stellt, prägen ihren Alltag. Eine engagierte Stimme in diesem Arbeitskampf ist Nicole, eine Ärztin, die im Kantonsspital Winterthur (KSW) arbeitet und für bessere Arbeitsbedingungen kämpft. Zusammen mit weiteren Ärzt*innen setzt sie sich für menschliche Arbeitszeiten und strukturelle Verbesserungen ein.
Ein langer Kampf mit historischen Wurzeln
Die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen ist nicht neu. Bereits 1998 führte der sogenannte Bleistiftstreik zu einem ersten Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für Assistenz- und Oberärzt*innen. Davor gab es bei den Arbeitszeiten kaum Regelungen, 65-Stunden-Wochen waren an der Tagesordnung. Heute liegt die gesetzliche Grenze bei 50 Stunden pro Woche – doch auch diese wird in der Praxis sehr oft überschritten, besonders bei Assistenzärzt*innen.
Während eine Initiative zur Verbesserung der Bedingungen in Basel gescheitert ist, gelang es im Tessin 2022, die sogenannte 42+4-Regel durchzusetzen: 42 Stunden am Patient*innen-Bett und 4 Stunden für strukturierte Weiterbildung. Diese Regelung tritt 2025 in Kraft und wurde durch den gravierenden Personalmangel in der Region vorangetrieben.
Im März 2023 kündigte der Verband der Schweizerischen Assistenz- und Oberärzt*innen (VSAO) den GAV für die vier kantonalen Spitäler IPW, PUK, USZ und KSW. Hier sah Nicole die Möglichkeit, sich zusammen mit einer grossen Organisation im Rücken zu engagieren und für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.
Schwierige Mobilisierung und strukturelle Hindernisse
Die Organisierung der Assistenzärzt*innen erwies sich als grosse Herausforderung. Die Schichtarbeit, die hohe Fluktuation, die grosse Arbeitsbelastung und die fehlenden Ressourcen machten es schwer, eine breite Bewegung aufzubauen. Auch die Angst vor Repression war gross, insbesondere in chirurgischen Kliniken, wo strikte Hierarchien und ein autoritäres Arbeitsklima herrschen. Ein weiteres, zentrales Problem bleibt auch das fehlende Bewusstsein über die Systematik der Ausbeutung der Assistenzärzt*innen. Diese Berufsgruppe wird bewusst als schwächstes Glied ausgenutzt. Auch fehlt die Solidarität unter Assistenz- und Oberärzt*innen. Viele fühlen sich zu der Profession berufen und sind stolz darauf, die harte Ausbildung durchlaufen zu haben.
Während das Universitätsspital Zürich (USZ) bereits eine Austausch-Plattform für die Anliegen der Assistenzärzt*innen hatte, fehlten solche Strukturen in den anderen Spitälern. Nicole versuchte, am KSW eine ähnliche Struktur aufzubauen, stiess bei den Arbeitskolleg*innen aber überraschend auf Widerstand und Gleichgültigkeit. Zusätzlich erschwerte die Haltung vieler Ober- und Chefärzt*innen den Kampf für bessere Bedingungen. Viele aus den älteren Generationen argumentieren, dass sie selbst unter viel härteren Bedingungen gearbeitet hätten und lehnten Veränderungen deshalb ab. So positionierten sich Menschen, die Vorbilder sind, gegen verbesserte Bedingungen. Dieses Verhalten führte dazu, dass sich viele junge Ärzt*innen nicht trauten, Missstände offen anzusprechen. Hinzu kommt, dass sich das verantwortliche Kader jeweils auf einer persönlichen Ebene angegriffen gefühlt hatte, was die Assistent*innen abgeschreckt hat, sich zu positionieren.
Proteste, Verhandlungen und enttäuschende Ergebnisse
Wie bereits erwähnt, kündigte Anfang 2023 der VSAO den GAV für die vier kantonalen Spitäler IPW, PUK, USZ und KSW. Es passierte lange nichts, auch die Assistenzärzt*innen am KSW erhielten keine Information von der Geschäftsleitung. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, startete Nicole zusammen mit weiteren Assistenzärzt*innen am KSW eine Unterschriftensammlung, die von 90 % der Assistenzärzt*innen unterzeichnet wurde. Doch auch hier reagierte die Geschäftsleitung lange nicht. Um den Forderungen weiter Ausdruck zu verleihen, organisierten die Ärzt*innen am KSW eigene Protestaktionen, trugen Bänder als Zeichen des Widerstands und machten die Problematik in den Medien öffentlich. Nicole beschreibt, dass sie gerne mehr getan hätten, dass sie gleichzeitig aber oft durch den VSAO gebremst wurde, der um das öffentliche Image besorgt war.
Nach monatelangen Verzögerungen kam es im November 2023 zu einem ersten Treffen mit der Spitalleitung. Die Verhandlungen verliefen schleppend. Es gab mündliche Zugeständnisse, das USZ versprach eine Absichtserklärung bis Ende des Jahres, welche das KSW folgen wollte. Erst nachdem der Druck grösser wurde, versprach das USZ eine schrittweise Reduktion der Arbeitszeit auf 46 Stunden pro Woche. Für Nicole eine sehr schwache Einigung auf Kosten der Assistenzärzt*innen.
Das KSW hingegen brach die Verhandlungen mit dem VSAO ab und präsentierte eine abgeschwächte Version der Regelung im USZ. Die ursprünglich angedachte Flexibilität, mit der einzelne Abteilungen die Arbeitszeit früher reduzieren konnten, wurde gestrichen. Daraufhin organisierten Nicole und weitere Ärzt*innen am KSW eine weitere Unterschriftensammlung, um ihren Unmut über die KSW-Lösungen auszudrücken. Diesmal war es deutlich schwieriger, Unterschriften zu sammeln, da die steigende Repression und der Druck durch die hohen Kader in der Chirurgie viele Assistenzärzt*innen verunsichert hatte. Trotzdem unterzeichneten ca. 2/3 der Assistenzärzt*innen am KSW den Brief. Aktuell befinden sich die Personalreglementsänderungen in der Vernehmlassung und es ist offen, wie sich die Situation weiterentwickelt. Ob sie tatsächlich eine spürbare Verbesserung bringen, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen in Schweizer Spitälern ist noch lange nicht vorbei.
Lehren aus dem Arbeitskampf
Der Arbeitskampf zeigt, dass Veränderungen im Gesundheitswesen langwierig und schwierig sind. Die strukturellen Hindernisse, die Machtungleichheiten und die fehlende Solidarität unter den Berufsgruppen erschweren die Mobilisierung. Dennoch gibt es laut Nicole zentrale Erkenntnisse, aus der zukünftige Bewegungen lernen können:
- Keine Transparenz erwarten (Beispiele: Die Ärzt*innen wurden von den Spitälern nicht über die Kündigung vom GAV informiert, während der Verhandlungen wurden von der GL und HR bewusst Informationen zurückgehalten.)
- Lügen und Spaltungsversuche werden als Mittel von Seiten Spital (hohe Kader, GL, HR) bewusst eingesetzt.
- Der Austausch unter den einzelnen Fachbereichen ist sehr wichtig, weil diese oft vom Spital (hohe Kader, GL, HR) gegeneinander ausgespielt werden.
- Der Personalwechsel schwächt die Bewegung: Häufige Wechsel bei den Sprecher*innen führten zu Informationsverlusten, deshalb: Dokumentiert alles!
- Gemeinsames Ziel betonen und so berufsgruppenübergreifend Zusammenarbeiten: Sprecht mit anderen Berufsgruppen über das gemeinsame Ziel einer besseren Patient*innen-Versorgung und guten Arbeitsbedingungen. Solidarität ist wichtig, besonders, wenn eine Berufsgruppe in den Arbeitskampf einsteigt. Initial zeigten sich im KSW andere Berufsgruppen solidarisch, was als grosse Motivation empfunden wurde. Nach Druck von oben war die Solidarität der anderen Berufsgruppen leider nicht mehr spürbar. Deshalb: Bildet interdisziplinäre und interprofessionelle Banden und unterstützt euch gegenseitig!
- Zusammenhalt ist entscheidend: Als die Spitalleitungen im USZ und KSW merkten, dass sich die Assistenzärzt*innen der kantonalen Kliniken organisierten, trennten sie die Verhandlungen im USZ und KSW. Dies war ein gezielter Versuch, die Assistenzärzt*innen zu schwächen.
- Mitbestimmung braucht feste Strukturen: Ohne klare Ansprechpersonen und regelmässige Treffen verpufft die Energie.
- Öffentlichkeitsarbeit ist sehr wichtig: Viele Betroffene erkennen die systematische Ausbeutung nicht, da sie als “normal” angesehen wird.
- Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen erschweren die Vernetzung und Organisierung massiv (Erschöpfung, keine Zeit für Austausch, fehlende Kapazitäten, Schichtarbeit, Angst vor Repressionen, sehr steile oder sehr flache Hierarchien, kurze Arbeitsverträge).
- Es ist wichtig, zwischen Institution und Personen zu unterscheiden. Während der Verhandlungen waren die meisten Menschen von HR und GL freundlich und bemüht, aber sie vertreten schlussendlich eine Institution, die kein Interesse an Veränderung hat. Sie haben mehr Wissen, Zeit und Ressourcen. Mittel wie Lügen und Verantwortungsdiffusion (verschiedene Institutionen gegenseitig Verantwortung zuschieben, um keine Entscheidung fällen zu müssen) stehen an der Tagesordnung. Idealerweise gibt es auf der Seite der Arbeitnehmenden Personen, welche die gesetzlichen Grundlagen kennen und wissen, wer Weisungen erteilen kann. Am besten wäre es, wenn Sozialpartner (z.B. die Gewerkschaft) die Verhandlungen begleiten.
Der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege: Ein Blick auf das CHUV und den VPOD
Unsere zweite Gästin der Veranstaltung ist Friederike. Sie ist eine erfahrene Pflegefachfrau, die vor mehr als 30 Jahren aus Deutschland an den Genfersee zog. Über viele Jahre hinweg arbeitete sie auf der Intensivstation und erlebte, dass die Schweiz im Vergleich zu Deutschland eine bessere Personalausstattung und höhere Anerkennung für Pflegekräfte bot. Doch auch hier verschlechterten sich die Arbeitsbedingungen nach und nach. Massnahmen wie der „Plan Orchidée“ im Jahr 1998, der ein Betten- und Personalabbau mit sich brachte, sowie neue Gehaltsstufen im Jahr 2007, die letztendlich zu einer Zurückstufung der Löhne führten, sorgten für wachsende Unzufriedenheit.
2019 entschied sich Friederike, der Gewerkschaft VPOD beizutreten, um aktiv für Verbesserungen in ihrem Berufsstand zu kämpfen. Heute ist sie seit eineinhalb Jahren Präsidentin der Gesamtkommission Gesundheit des VPOD. Friederike arbeitet aktuell im Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), wie auch bereits zum Zeitpunkt vom Streik im Juni 2021.

Mobilisierung am CHUV
Das Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV) beschäftigt über 13.000 Mitarbeitende, von denen mehrere Hundert Mitglied der VPOD-Gewerkschaft sind. Gewerkschaftsarbeit in einem Krankenhaus ist eine Herausforderung, denn es erfordert Mut, sich zu organisieren und aktiv zu werden. Dennoch zeigt die Erfahrung: Wenn der Kampf gut geführt wird, lassen sich Ergebnisse erzielen.
Ein Punkt, der Friederike besonders bedauert, ist die Haltung des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK). Dieser beteiligt sich nicht an Streiks, obwohl kollektive Aktionen oftmals das effektivste Mittel sind, um Veränderungen herbeizuführen.
Wie wird ein Streik organisiert?
Friederike erzählt uns, welchem Ablauf ein Streik folgt.
- Organisierung: Austausch mit Arbeitskolleg*innen über Arbeitsbedingungen und Missstände, Vernetzung, Zusammenschliessen z.B. als Arbeitsgruppe, Treffen interessierter Menschen organisieren.
- Zuerst wird über Forderungen diskutiert und verhandelt.
- Wenn damit kein Erfolg erzielt wurde, wird in die sogenannte Konfliktphase eingetreten.
- Als nächstes wird eine Generalversammlung organisiert
- Es werden alle Beschäftigten vom Spital eingeladen, nicht nur die Gewerkschaftsmitglieder.
- Es wird über die Art der Aktionen entschieden: Arbeitsniederlegung/Streikversammlung/Datum des Streiks
- Der Regierungsrat/die Direktion (als Druckmittel) wird informiert. Dann wird gewartet, bis der Streik als zulässig erklärt wird.
- Dann folgt die umfassende Information der Mitarbeiter*innen/der Belegschaft und ein Aufruf zur gemeinsamen Mobilisation:
- Flyer an die Mitarbeitenden verteilen (z.B. vor Schichtbeginn)
- Flyer am Desk in allen Abteilungen verteilen
- Plakate aufhängen
- E-Mail/Soziale Netzwerke nutzen
- Pressemitteilungen/Zeitungen → öffentlicher Druck
- Zu guter Letzt müssen die Vorgesetzten informiert werden, diese sind wiederum verpflichtet, während des Streiks eine Mindestbelegung zu gewährleisten.
Der Streik am CHUV im Juni 2021
Ein besonders bedeutendes Beispiel für erfolgreiche Mobilisierung war der grosse Streik am CHUV am 23. Juni 2021. Hunderte von Mitarbeitenden aus verschiedenen Abteilungen wie Innere Medizin, Pädiatrie, Entbindungsstation, Kardiologie, Logistik und technischer Dienst beteiligten sich. Am Ende des Tages fand eine grosse Demonstration durch die Innenstadt statt, die Tausende von Menschen anzog. Die Bevölkerung zeigte deutliche Unterstützung für die Anliegen der Streikenden.
Die wichtigste Lehre dieses Tages war laut Friederike, dass der Streik letztlich den Zugang zu Verhandlungen mit dem Regierungsrat ermöglichte. Bis zum Vortag hatte dieser jeglichen Dialog verweigert.
Durch den Streik konnten bedeutende Verbesserungen erzielt werden:
- Eine COVID-Prämie sowie zwei zusätzliche Urlaubstage
- Die systematische Vertretung von Mitarbeiterinnen im Mutterschaftsurlaub, die zuvor nicht gewährleistet war
Obwohl nicht alle Forderungen erfüllt wurden, bleibt eine zentrale Erkenntnis: Ohne den Streik wäre keine einzige Verbesserung erreicht worden.
Herausforderungen der Mobilisierung im Gesundheitswesen
Friederike berichtet weiter, warum sich der Arbeitskampf in Krankenhäusern besonders schwierig gestaltet. Pflegekräfte haben ein hohes Verantwortungsbewusstsein und wollen ihre Patient*innen nicht im Stich lassen. Hinzu kommt die Frage, wie die Bevölkerung auf Streiks im Gesundheitswesen reagiert. Doch gerade hier ist es entscheidend, zu betonen, dass solche Aktionen langfristig der Pflegequalität und dem Zugang zur Gesundheitsversorgung dienen.
Ein weiteres Problem ist die hohe Arbeitsbelastung: Durch lange und intensive Schichten bleibt oft wenig Zeit für gewerkschaftliches Engagement. Zudem arbeiten in der Pflege immer noch mehrheitlich Frauen, die häufig zu Hause ebenfalls Sorgearbeit leisten und deshalb weniger Zeit und Ressourcen für Arbeitskämpfe haben.
Blick in die Zukunft
Abschliessend richtet Friederike eine zentrale Botschaft an die nächste Generation von Pflegekräften: Die Pflege ist ein wertvoller und erfüllender Beruf. Um dies auch in Zukunft zu gewährleisten, müssen Arbeitsbedingungen verteidigt und verbessert werden. Die aktuellen Verhältnisse sind nicht akzeptabel.
Friederikes Zukunftsvision ist eine landesweite, koordinierte Aktion: In der gesamten Schweiz – von der Westschweiz über die Ostschweiz bis ins Tessin – legen Pflegekräfte zur gleichen Stunde für zehn Minuten die Arbeit nieder. Eine solche nationale Mobilisierung könnte ein starkes Zeichen setzen und den Druck auf die Verantwortlichen erheblich erhöhen.
Fragen an Friederike
Eine teilnehmende Person fragt Friederike, wie ein Wille zum Kämpfen und Streiken entsteht. Sie nennt als Antrieb die Verzweiflung und Wut, die entsteht, wenn die Verhandlungen mit Vorgesetzten sich nicht auszahlen. Dazu hilft der Einstieg in eine Gewerkschaft, denn dort gibt es Strukturen, einen gemeinsamen Plan und Handlungsmöglichkeiten. Das habe viel Motivation gebracht. Ebenfalls helfen kleine Erfolge und neue Bekanntschaften durch die Gewerkschaft, eine kämpferische Energie zu schaffen.
Eine weitere Frage an Friederike ist die Frage nach dem Begriff des Arbeitsfriedens. Friederike betont, dass Streiken das Ziel hat, im Alltag und bei der Arbeit zu stören. Wichtig ist, dass der Streik als letztes Mittel dient, nachdem Forderungen und Verhandlungen nichts gebracht haben. Friederike weist darauf hin, wie wichtig es ist, bei Aktionen und Streiks viele Teilnehmer*innen zu mobilisieren, damit man als Individuum nicht angreifbar ist und damit diese Mittel wirksam sind.
Was können wir als Feministisches Streikkollektiv tun?
Zu guter letzt haben wir unsere beiden Gästinnen gefragt, wie wir als Feministisches Streikkollektiv Arbeitskämpfe unterstützen können: Klar ist, dass wir die Massen mobilisieren müssen, doch wie geht das? Unsere Gästinnen betonen, dass der “stete Tropfen den Stein höhlt”. Wir müssen die Systematik von Ausbeutung aufzeigen, diese Themen in den öffentlichen Diskurs bringen, generell Öffentlichkeitsarbeit machen und unsere Mitarbeitenden im eigenen Arbeitsumfeld politisieren. Wir sollen klein anfangen und viel Beständigkeit haben. Und eine grosse Unterstützung ist es, solidarisch für andere Berufe auf die Strasse zu gehen!