Rede 8. März feministisches Streikkollektiv

Rede 8. März feministisches Streikkollektiv

Liebe Frauen, Lesben, Trans, Inter und Queere Menschen,

Schön seid ihr so viele, die sich am heutigen internationalen feministischen Kampftag hier versammelt haben! Manch eine*r mag sich fragen, wer zur Hölle an einem Sonntag streikt – dem Tag, an dem vermeintlich die meisten Menschen in der kapitalisierten Welt frei haben. Und was soll das überhaupt bedeuten: feministischer Streik? Nun, unsere Antwort ist klar: Patriarchat und Kapitalismus bestehen auch am Sonntag fort und weil sie in ihrer geschlechtsbasierten Profitlogik vor allem auf die Ausbeutung von Frauen*, Lesben, Trans, Inter und nonbinären Menschen – kurz FLINT* – setzen, können wir nur sagen: von wegen sonntags frei – wir streiken!

FLINT* arbeiten sonntags wie jeden Tag gratis für die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Wirtschaft, indem sie kochen und Kinder groß ziehen und sich um sozial Benachteiligte kümmern – und das immer noch unbezahlt und zu 80% mehr, als die Männer! Auch die schlechter bezahlte Lohnarbeit im Pflege- und sozialen Bereich, die zu großen Teilen durch weibliche und migrantische Beschäftigte getragen wird, läuft sonntags weiter. Und schließlich macht auch die strukturelle Abwertung und Diskriminierung von FLINT*-Personen vor dem ach-so-heiligen Sonntag keinen Halt: sexualisierte Gewalt bis hin zu Feminiziden, also Frauen*morden; Mehrfachdiskriminierungen von Frauen auf der Flucht oder FLINT of Colour in der weißen Mehrheitsgesellschaft; die kommerzielle sexualisierte Ausschlachtung des weiblichen Körpers in der Werbung; oder die alltägliche sexistische Belästigungen – sie alle prägen tagtäglich das Leben von allen Frauen und FLINT*!

Oft bleibt all das leider im Verborgenen: die sexualisierte Gewalt, die ökonomische Ausbeutung, die rassistische Abwertung und soziale Unterdrückung gelten so sehr als Normalzustand, dass sie für die Mehrheit der Gesellschaft unsichtbar bleiben, als das was sie sind: nämlich eine verkehrte Welt! Feministisch zu streiken und zu kämpfen bedeutet gegen diese bestehende Ordnung zu kämpfen, für eine gerechte und diskriminierungsfreie Welt, jenseits von Patriarchat und Kapitalismus!

Heute ist der Tag, an dem wir unsere Wut kollektivieren und ihn weltweit auf die Strasse tragen. Geführt wird dieser Kampf aber jeden Tag: Wir solidarisieren uns mit den Chileninnen*, deren Performance gegen Gewalt an Frauen die Welt erobert hat. Wir solidarisieren uns mit landlosen Bäuerinnen* in Brasilien, die ihre prekäre Lage selbstbestimmt durch Landbesetzungen in die Hand genommen und dabei zugleich auf Umweltzerstörung durch große Konzerne aufmerksam gemacht haben. Wir solidarisieren uns mit den Frauen in Kurdistan, die seit Monaten nicht nur für ihr Leben, sondern auch das Fortbestehen ihrer revolutionären Frauenbefreiung kämpfen. Wir solidarisieren uns mit Frauen* und FLINT* weltweit, zusammen sind wir stark!

Das Patriarchat mag tausende Jahre alt sein, wir aber sind Millionen die heute weltweit auf die Straße gehen! Das lässt sich nicht ignorieren, das kann man nicht kleinreden – die Tage des Patriarchats sind gezählt und wir werden es gemeinsam als Frauen, Trans, Inter, queeren und nonbinären Menschen weltweit zu Fall bringen! Und weil wir wissen, dass sich ohne Kampf nichts verändert, werden wir 2021 erneut am 14. Juni streiken! Größer und lauter als je zuvor!

1169 826 Frauen*streik / feministischer Streik
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